Irak
Der erste Kolonialkrieg der USA und ihrer Vasallen gegen den Irak 1991 führte drastisch vor Augen, was nach der zeitgleichen Selbstauflösung des Ostblocks die nunmehr uneingeschränkte Weltherrschaft der einzig verbliebenen militärischen Großmacht bedeutet: Jeder Staat, der nicht nach der Yankee-Pfeife tanzt und sich nicht dem US-Diktat unterwirft, der – wie veraltet – auf seiner Unabhängigkeit und seiner nationalen Souveränität besteht, wird vernichtet und ausgelöscht. Beispielhaft hierfür steht das Schicksal des Iraks.
Beim ersten US-Überfall auf den militärisch heillos unterlegenen Irak zerstörten die Aggressoren während des sechswöchigen Dauerbombardements von Januar bis März 1991 (ohne »humanitäre Korridore«!) gezielt auch die Infrastruktur des Landes und terrorisierten und töteten die Zivilbevölkerung durch Flächenbombardements auf ausgewiesene Wohngebiete (die sog. »Kollateralschäden«); ebenso planmäßig wurden zudem die einzigartigen Stätten der frühmesopotamischen Kultur (»die Wiege der Zivilisation«) unter Beschuß genommen, schwer beschädigt und zum Teil vernichtet, um mit dem blutigen Militärstiefel Uncle Sam's (wie schon in Hue, der alten vietnamesischen Kaiserstadt) die nationale und kulturelle Identität des Iraks im Wüstensand zu zertreten. Zwei unserer Autoren besuchten kurz danach den Irak und dokumentierten die ungeheuren Zerstörungen in ihrem Buch »Kriegsverbrechen der Amerikaner und ihrer Vasallen gegen den Irak und 6000 Jahre Menschheitsgeschichte« (leider vergriffen).
In einer der finstersten Regionen dieses Erdballs stach der ehemals säkular ausgerichtete Irak unter der Regierung seines Präsidenten Saddam Hussein (das zweithöchste Amt wurde regelmäßig durch einen Nichtmoslem besetzt) wohltuend und äußerst vorteilhaft von den Staaten seiner handabhackenden, klitorisbeschneidenden und zwangsverschleiernden Umgebung ab (wir erinnern an dieser Stelle nur an die Antwort einer irakischen Schülerin, die – noch vor dem US-Überfall – in unserem Fernsehen befragt wurde, warum sie hinter Saddam Hussein stehe: »Weil er uns von dem Tschador befreit hat.«). Bevor der Irak ins Mittelalter zurückgebombt wurde, hatte er auch das mit Abstand beste Gesundheitswesen und beste Bildungssystem, da die vornehmlich aus den Ölquellen sprudelnden nationalen Reichtümer dem Volk zugute kamen und nicht nur einigen wenigen, auf Öltürmen »sitzenden« Scheichen oder Emiren (samt Anhang), die eben diese Reichtümer unter Abzug einer saftigen Provision an ausländische Konzerne verhökern.
Daß für die Durchsetzung dieser Errungenschaften des Iraks und die Beseitigung des religiösen und feudalen Drecks eine bitter notwendig »harte« Hand erforderlich war, mit der Saddam Hussein das Land zweifelsohne regierte, werden nur Finsterlinge trübsten Wassers oder Traumtänzer bestreiten wollen.
In Deutschland führte der erste US-Überfall auf den Irak nach jahrelanger Friedhofsruhe in vielen Städten zu großen Anti-Kriegsdemonstrationen, die durch unsere Transparente und Parolen eine entschieden gegen die Aggressoren gerichtete Tendenz erhielten, was selbst Kanzler Kohl ruppig – vermutlich durch einen Anruf des erbosten US-Botschafters – aus dem Bett zerrte und ihn zu einer Eilansprache veranlaßte.
Demonstrationen in München und Halle 1991:
Hier dokumentieren wir zwei unserer damaligen Flugblätter (aus Ketzerbriefe 23):
Flugblatt: Bismarck hui, Hussein pfui!
Flugblatt: Kein Herz fuer Scheiche
Nach 12 Jahren des Embargos, die den Irak in ein riesiges Warschauer Ghetto verwandelten und durch Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung rund 1,5 Millionen Opfer kosteten (danach befragt, ob sich der Tod einer halben Million irakischer Kinder gelohnt habe, antwortete »Bill« Clintons Außenministerin Madeleine Albright kühlen Herzens: »Ja, es hat sich gelohnt!«), wurde mit dem zweiten Überfall auf den wehrlosen Irak 2003 und dem Einmarsch der US-Aggressoren die Endlösung des Iraks eingeläutet. Den Begleitchor für dieses Megaverbrechen des US-Monoimperialismus gaben fortgesetzt die infamen Lügen der weltweit gleichgeschalteten Medien ab (die Stichworte »kuwaitische Brutkastenbabys« oder »Saddams Massenvernichtungswaffen« dürften genügen); siehe dazu Jeff Archer, »Uncle Sam's erster Kolonialkrieg in der Alten Welt - Die Schändung und Knechtung des Irak«.
Die fortgesetzten Kriegsverbrechen der US-Invasoren (enduring freedom) braucht einen Vergleich zu den Verbrechen Hitlers, z.B. im besetzten Polen, nicht zu scheuen, und wir können der Parole, die in einigen deutschen Städten eiligst an Häuserwände und Mauern gesprüht wurde, nur uneingeschränkt zustimmen: »Der Adolf hatte was verpennt: Er war kein Ami-Präsident. Es lebe der irakische Widerstand!« Dieser heroische, auf lange Sicht freilich nicht durchzuhaltende (es gab eben keine Sowjetunion mehr!) irakische Widerstand, der wie der vergleichbare jüdische im Warschauer Ghetto den Nazis einige blutige Nasen bescherte, trieb die Zahlen getöteter US-GI's anfänglich drastisch in die Höhe (»Wir wünschen den Amis ein zweites Vietnam!« lautete deswegen auch eine unserer Parolen auf den zahlenmäßig schon schwächeren Golfkriegsdemonstrationen 2003). Die US-Besatzer antworteten darauf mit der grauenhaften Folter und Ermordung von Widerstandskämpfern, für die der Name Abu Ghraib steht, so wie My Lai für ihre Greuel in Vietnam.
Derweil versank der Irak im völligen Elend: fast ohne medizinische Versorgung, ohne Strom, ohne sauberes Wasser, ohne ausreichende Ernährung. Proamerikanische islamische Todesschwadronen ermordeten gezielt die im Land verbliebene Intelligenz.
Die ehemals laïzistische Ausrichtung des irakischen Staates unter Saddam Hussein war mit der Einführung der neutral klingenden »Verordnung 137« durch die US-Besatzer endgültig Geschichte, die die Re-Islamisierung des Irak, die Einführung der Scharia und die Abschaffung der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter einleitete, wodurch Millionen von Irakerinnen, dank enduring freedom, nicht wahr!, wieder auf den entsetzlich erniedrigenden Status einer ins Haus gebannten Gebärmaschine herabgezwungen wurden und werden.
Die auf eine Prozeßfarce folgende feige Ermordung Saddam Husseins (und weiterer hochrangiger Mitglieder seiner Regierung), der als besondere Demütigung wie ein Viehdieb erhängt wurde, bildete den vorläufigen verbrecherischen Tiefpunkt. Saddam Hussein, der irakische Vercingetorix, der kurz vor seiner Ermordung das irakische Volk aufforderte, »den Invasoren Widerstand zu leisten, anstatt sich gegenseitig umzubringen«, »in Einheit der Sklaverei entgegenzustehen« und das »Licht der Zivilisation zu sein«, starb als der vermutlich letzte aufgeklärte, freiheitsliebende Staatspräsident am 30. Dezember 2006.
»Nicht das, was heute über mich gesagt wird, interessiert mich, sondern das, was man in 500 Jahren über Saddam Hussein sagen wird.«
(Zitat Saddam Husseins kurz vor seiner Ermordung)
KB 194: Peter Priskil, Nachruf auf Tariq Aziz
KB 193: Erinnerungen an Mosul und Ninive
KB 190: Interview mit einem Yeziden aus dem Nordirak
KB 176: Rezension: Michael Ottermann/Richard Hill, Erasing Iraq. The Human Costs of Carnage
KB 137: In memoriam Saddam Hussein
KB 128: Nachrichten aus dem Irak
KB 104: Der Irak im Fadenkreuz der USA und ihrer willigen Vollstrecker
KB 23: Golfkrieg Spezial (Sonderausgabe mit Beiträgen und unseren Flugblättern zum Golfkrieg)