»Das Kopftuch und die weltliche Schule«
Eine Stellungnahme zur Frage »Kopftuch in der Schule« von 1989 aus KETZERBRIEFE 17.
In Frankreich gibt es in letzter Zeit eine heftige und heikle Auseinandersetzung: fanatisch islamische Schülerinnen tragen in provozierender Weise Kopftücher und werden deshalb von den Schulen verwiesen. Kern dieser Schulordnung und daher auch dieser Schulausschlüsse ist das strikte Verbot, den von der Französischen Revolution erkämpften »laizistischen«, d.h. weltlichen bzw. konfessionslosen Charakter der französischen Schule durch religiöse Propaganda irgendwelcher Art zu beeinträchtigen, insbesondere und vor allem durch Religionsunterricht oder das Tragen religiöser Symbole. Das islamische Kopftuch ist zweifellos ein solches religiöses Symbol, es wird von seinen Verfechterinnen auch ganz deutlich und offensiv so bezeichnet und getragen, und insofern geschehen die Schulausschlüsse wegen demonstrativen Kopftuchtragens zweifellos auf der Basis geltenden Rechts und haben darüber hinaus, als Verteidigungsmaßnahme einer der wertvollsten, teuersterkauften Errungenschaften der mit Aufklärungsgütern nicht gerade gesegneten Menschheitsgeschichte auch ihre unverächtliche moralische Grundlage. Auf der anderen Seite werden sie aber von gewissen Gruppen als »rassistisch« attackiert, weil die umstrittenen Kopftücher, obwohl von ihren Trägerinnen religiös und nicht nationalistisch begründet, in erster Linie ein nationales und weniger ein religiös-missionarisches Symbol seien; ihre Unterdrückung laufe daher nicht auf diejenige religiöser Werbung oder Provokation, sondern einer Nationalität oder Nationalitätengruppe heraus. Bevor wir nun die heikle Frage selber diskutieren, drucken wir zur Übersicht über Tatsachen und Argumentationslinien einen repräsentativen Artikel der westdeutschen Presse nach, der den Leser vorab informieren mag: ...